Christian Masser

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15 Country Songs

 

   

Bericht aus dem Frontal Kultur von Von Christof Huemer

 

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Der Grazer Musiker Christian Masser
ist nicht nur ein groß gewachsener,
sondern auch ein mutiger Mann.
Mutig unter anderem, weil er ein Album mit
fünfzehn Johnny-Cash-Songs aufgenommen
hat, obwohl sich seine Fans aus der
Bluesszene rekrutieren, die dem Country ja
nicht unbedingt grün ist. Und zum anderen
handelt es sich nun mal um Songs von
Johnny Cash, der Ikone.
Johnny Cash, ein Countrysänger, gilt vielen
mittlerweile als unantastbarer Messias, zumindest
aber als Sinnbild für absolute Integrität.
Und es gibt für diese fast immer von
älteren Männern betriebene Überhöhung
auch ein paar gute Gründe, die Lieder von
Cash zum Beispiel. Die Erlaubnis, das Erbe
zu nehmen und damit zu arbeiten, wird von
Cash-Verehrern, wenn überhaupt, nur jenen
zugebilligt, die in der Lage wären, es an Integrität
mit dem Man in Black aufzunehmen.
Christian Masser könnte das. Christian Masser
ist aber nicht nur integer und mutig, er
ist auch beratungsresistent. So haben ihm
beispielsweise mehr als genug Freunde
empfohlen, sein aktuelles Album mit Cash-
Aufnahmen, das Mitte Oktober auf ATS Records
erscheint, doch als solches auszuweisen
und nicht bloß „15 Country Songs“ zu
nennen. Weil ein „Cash“ im Titel für die einen
ein direkter Kaufanreiz wäre, die anderen
aber zu einem publicityfördernden Hintergrundgemaule
inspirieren würde.
Doch Christian Masser, geboren 1966, also
in dem Jahr, in dem Cashs Tablettenabhängigkeit
auf ihrem Höhepunkt war und er sein
Album „Everybody Loves A Nut“ veröffentlichte,
entschied sich anders. „Das Album
kommt von Herzen. Ich will nicht auf den
Johnny-Cash-Revival-Zug aufspringen.“
Und so heißt es also „15 Country Songs“,
ohne Hinweis auf Cash.
Christian Masser, seit 1992 als Musiker aktiv,
ist natürlich trotzdem ein glühender Cash-
Anhänger. Vier Mal sah er Cash live. Beim
ersten Mal, 1983 in Wien, hatte Cash, mittlerweile
erneut tablettenabhängig, soeben
„Johnny 99“ veröffentlicht, jenes Album, auf
dem sich der Bruce-Springsteen-Song
„Highway Patrol Man“ findet, den Masser
auf seiner neuen CD nun ebenfalls covert.
Drei weitere Male sollte Masser Cash live erleben.
„Ich habe oft gelitten“, sagt Masser
heute über das Umfeld dieser Konzerte,
nennt seine damalige Begeisterung eine „geheime
Leidenschaft“ und beschreibt sich als
„Megafan“, den vor allem Cashs Vielschichtigkeit
begeistert. „Cash war eine sehr abgründige
Figur mit sehr viel Tiefgang. In den
1960ern hat er etwa eine ganze Platte über
Indianerrechte gemacht. Das war damals ein
Tabu.“
Bilder im Kopf | Mit den „American Recordings
begann auch für Masser eine neue
Phase in der Cash-Rezeption: „Ich finde sein
Alterswerk, auch wie er darin mit seinem
Schmerz umgegangen ist, einfach schön.“
Irgendwann, so Masser, der über hundert
Cash-Alben auf Vinyl besitzt und sie sich
auch nach wie vor anhört, habe er die Lieder
des Cash-Repertoires internalisiert. „Ich+
habe eigene Bilder zu ihnen im Kopf“, sagt
er. Und: „Die Themen, die Cash aufgriff, Gefängnis,
Mord und immer wieder harte Arbeit,
faszinieren mich, seit ich ein Jugendlicher
war.“ Insofern sei es ihm ein Herzensbedürfnis
gewesen, „diese Lieder, die mir
wichtig sind“, auch auf CD zu verewigen.
Cashiger als Cash | In zwei Sessions
spielte Masser also fünfzehn Cover-Versions
ein, die nun fast „cashiger“ klingen, als Cash
selbst je klang. Und das aus folgendem Grund:
Man hat als Interpret von Cover-Versions zwei
Möglichkeiten. Entweder man stellt das Original
so gut es geht nach. Das nennt sich dann
Karaoke bzw. Starmania. Oder man versucht
sich an einer Interpretation, die dem Song im
Idealfall eine neue Dimension hinzufügt.
Masser wählte diesen Weg. „Ich habe lange
überlegt, ob ich die Songs mit Band aufnehmen
soll“, erzählt Masser. Schließlich beließ
er es aber bei Stimme und Gitarre. Eine ähnliche
Entscheidung trafen 1994 übrigens auch
Rick Rubin und Johnny Cash während der Arbeit
an „American Recordings“. Masser, und
das ist wieder mutig, geht dem direkten Vergleich
mit diesen Aufnahmen auch überhaupt
nicht aus dem Weg. Sowohl auf „15 Country
Songs“ als auch auf „American Recordings“
finden sich die düstere Ballade „Delia’s Gone“
sowie ein Kris-Kristofferson-Song. Und man
könnte noch viele solche Parallelen aufzählen.
Doch das Entscheidende ist: Masser, selbst
ein Hühne und nicht selten ein Mann in
Schwarz, hat Johnny Cashs sparsame, trockene
Art des Vortrags derart verinnerlicht,
dass man von der Phrasierung bis zu gelegentlichen
Brüchigkeiten der Stimme wenn schon
nicht Cash selbst, dann zumindest jemanden
hört, der Geschichten über Gefängnisse, Eisenbahnen
und Kohlebergwerke mindestens
so gerne erzählt wie die „Legende“ selbst.
„Beim Singen werden sie zu meinen Liedern“,
sagt Masser über sein Repertoire. Genau das
macht seine „15 Country Songs“ zu einer
Johnny-Cash-Homage.